Dr. Querdenker im Luxus-Exil

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Dr. Querdenker im Luxus-Exil

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Veröffentlicht von Jürgen Lessat in Querdenker · 30 Januar 2021
Tags: Querdenker
Wo steckt Dr. Bodo Schiffmann? POlitoGO.de hat den Sinsheimer Arzt und Mitgründer der Querdenker-Bewegung im luxuriösen Lockdown-Exil in der Schweiz aufgespürt. Während der Corona-Leugner vom Nobelskiort Arosa aus predigt, drohen ihm zuhause in der Kurpfalz Knast und Klagen.

Die Schweiz ist derzeit ein Wintertraum. Tief verschneit zeigen sich Berge und Täler des Heidelands. Sobald die Sonne vom tiefblauen Himmel strahlt, herrscht Postkartenidylle pur. Zudem laufen anders als in anderen Alpenländern bei den Eidgenossen nicht nur die Skilifte und Bergbahnen. Fremde finden auch in Pandemiezeiten noch Unterschlupf in Beherbergungsbetrieben, so als gebe es weder Virus noch knappe Intensivbetten.

Traum in Wei?: Schneeparadis Arosa (Screenshot https://arosalenzerheide.swiss)
Traum in Weiß: Das Schneeparadies Arosa (Screenshot https://arosalenzerheide.swiss)
Dies weiß offenbar auch Bodo Schiffmann zu schätzen. Der HNO-Arzt gilt als Urgestein der Querdenker-Bewegung, der die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie ablehnt, die Gefährlichkeit des Virus verharmlost und dessen Existenz leugnet. Während zuhause im baden-württembergischen Sinsheim ein harter Lockdown mit nächtlicher Ausgangssperre gilt, ist Schiffmann im Schweizer Nobelskiort Arosa abgestiegen. Genauer gesagt: Im Arosa Kulm Hotel & Alpin Spa. "Dank der direkten Lage an der Skipiste, können Sie während Ihrem Skitag bequem Ihr Mittagessen im Restaurant Muntanella oder der Taverne einnehmen oder sich in der K.Lounge bei einer heissen Schokolade aufwärmen", wirbt das 5-Sterne-Superior-Haus in Corona-Zeiten um Gäste. Das Abendessen dürfen diese in einem der vier Restaurants genießen, was für "genügend Abwechslung in den Skiferien" garantieren soll. Die Kurzweil vom Lockdown-Alltag hat freilich ihren Preis: das Wochenende im "Kulm" kostet locker ein Monatsgehalt einer Intensivpflegekraft, die um das Leben schwerkranker Corona-Patienten kämpft.

Am Freitag tauchten erste Hinweise in sozialen Medien auf, dass Schiffmann sich diesen Luxus gönnt.
POlitoGO.de konnte diese verifizieren. So hält der Arzt seit Tagen keine Sprechstunden in seiner Sinsheimer Schwindelambulanz, wie eine telefonische Nachfrage dort ergab. Den Praxisbetrieb wickeln Arzthelferinnen ab, die nicht sagen können, wo ihr Chef momentan und wann er wieder vor Ort ist. Termine sind derzeit nicht vereinbar. "Rufen Sie in zwei bis drei Wochen nochmals an", so der Rat auf Nachfrage.

Youtube-Kanal Schwindelambulanz Dr. Bodo Schiffmann (Screenshot Youtube)
Schiffmann-Video auf Youtube, hochgeladen am 24.1.2021 (Screenshot Youtube)
Wo Schiffmann derzeit steckt, verrät er in seinen Video-Beiträgen auf verschiedenen sozialen Plattformen nicht. Details der Zimmereinrichtung verraten jedoch, dass er aus dem Luxushotel in Arosa seine Botschaften verbreitet. Am 24. Januar lud er einen knapp vierminütigen Clip auf seinem Youtube-Kanal hoch. Darin erklärt er seinen 158.000 Abonnenten, dass seine Botschaften künftig über die Plattformen Telegram und Dlive laufen. Der Grund: Youtube und Twitter hatten Posts von ihm immer wieder blockiert. Im Video sitzt Schiffmann in schwarzem Hoodie (Aufdruck: "Stell Dir vor es ist Pandemie und alle sind gesund") vor einer holzgetäfelten Wand. Zu seiner rechten sind ein längsgestreifter Vorhang sowie eine Stehlampe zu sehen. Mehr Raumdetails zeigt ein über einstündiges Video vom vergangenen Donnerstag (28. Januar 2021), das er auf Dlive stellte. Hier sind neben Sitzmöbel, Wandleuchten, TV und Stuckdecke auch eine Fensterfront zum Balkon zu erkennen, hinter der in tiefverschneiter Landschaft leise der Schnee rieselt.

Schiffmann-Video auf Dlive vom 28. Januar 2021 (Screenshot Dlive)
Schiffmann-Video auf Dlive vom 28. Januar 2021 (Screenshot Dlive)
Die sichtbaren Ausstattungsdetails stimmen eindeutig mit der Einrichtung einer "Eck-Suite" im Kulm-Hotel in Arosa überein. Die 45 Quadratmeter große Zimmerflucht ("Unser kleines Juwel unter den Suiten!") bietet doppelte Aussicht durch Ecklage, auch auf dem extragroßen Balkon. Dazu ein separates Wohnzimmer mit Sofa und zwei bequemen Sesseln, zusätzlich zum Schlafraum. "Zum Verweilen und Geniessen", wie das Hotel verspricht.

Eck-Suite im Arosa Kulm Hotel & Alpin Spa (Screenshot www.arosakulm.ch)
Eck-Suite im Arosa Kulm Hotel & Alpin Spa, in der Bodo Schiffmann wohnt (Screenshot www.arosakulm.ch)
Der "beste Tagespreis" für eine Übernachtung inklusive Frühstück für zwei Personen schlägt mit 1.100 Franken (1.017 €) zu Buche. Bei Halbpension sind zusätzlich 150 Franken fällig. Schnappchenjäger zahlen in der "Skiwoche" nur 6.720 Franken (6.217 €) - für "7 Übernachtungen inkl. Frühstücksbüffet, unserem kul(m)inarischen Dine Around in 6 Restaurants für Ihr Nachtessen, Minibar, kostenloses WLAN sowie Nutzung des Alpin Spa, Kurtaxe exklusive". Der Normaltarif für sieben Nächte mit Halbpension beträgt: 8.750 Franken (8.095 €).

Unklar ist, aus welcher Kasse Schiffmann sein luxuriöses Exil bezahlt. In sozialen Medien wird spekuliert, dass er die Rechnung auf Kosten seiner Fans begleicht. Rechercheportal netzpolitik.org und ZDF-Magazin "Frontal 21" hatten im vergangenen Jahr aufgedeckt, dass Spendengelder der Anti-Corona-Anhänger auf Konten fragwürdiger Firmen und Organisationen landen. Neben den Querdenken-Machern Michael Ballweg und Ralf Ludwig tauchte dabei auch der Name von Bodo Schiffmann auf.

Preistafel Hotel Kulm (Screenshot www.arosakulm.ch)
Der Preis ist heiß im Arosa Kulm Hotel (Screenshot www.arosakulm.ch)
Nach Recherchen von POlitoGO.de führen Spuren auch in die Schweiz. So tingelte Schiffmann im vergangenen Herbst zusammen mit dem Freikirchler Samuel Eckert und dem schwäbischen IT-Unternehmer Wolfgang Greulich mit einer "Coronainfo-Tour" durch Deutschland. Auf den 90 Kundgebungen in verschiedenen Städten wurde nicht nur für die Sache, sondern auch um finanzielle Unterstützung geworben. Die Webseite der Tour nennt im Impressum eine Adresse im schweizerischen Zug, in dem auch Eckert lebt. Ende Dezember berichtete "t-online", dass Schiffmann plane, im Ausland unterzutauchen. Schiffmann selbst habe dies in einem Video öffentlich gemacht, in dem er Unterstützer um Hilfe bittet. "Seit Monaten wirbt er in seinen Kanälen bereits darum, ihn mit Schenkungen ("maximal 19.999 Euro in zehn Jahren") zu unterstützen", so "t-online".

POlitoGO.de hätte Schiffmann gern dazu befragt. Doch mehrfache Anrufe im Hotel Kulm mit der Bitte um telefonische Vermittlung wurden von der Rezeption zunächst geblockt und dann als unmöglich dargestellt - angeblich, weil der Arzt nicht zu Gast ist. Um auszuschließen, dass Schiffmann unter falschem Namen oder in einer von Dritten gebuchten Suite logiert, übermittelte POlitoGO.de Screenshots der Schiffmann- Videos per Mail an das Hotel. Die Antwort aus Arosa: "
Leider ist uns dieser Name oder Person wie bereits erwähnt unbekannt." Mit der höflichen Bitte, das Haus zum Schutz der Privatsphäre der Gäste nicht mehr für ähnliche Anfragen zu kontaktieren. "Unsere Direktion ist informiert und wir werden auch in Zukunft keine Auskunft geben können."

Mit der gescheiterten Kontaktaufnahme konnte Schiffmann auch nicht zu neuesten Entwicklungen in seiner Heimat befragt werden. Nach POlitoGO-Informationen muss der HNO-Arzt seine gemeinsam mit seiner Frau betriebene Schwindelambulanz-Praxis wohl bald räumen. Bereits
Mitte November hatten die GRN-Kliniken, in dessen Krankenhaus in Sinsheim der HNO-Arzt Praxisräume mit einer Fläche von etwa 250 Quadratmeter angemietet hat, ihm gekündigt. Schiffmann habe die Räume als Parteizentrale für seine Bewegung genutzt, begründete Rüdiger Burger, Geschäftsführer der GRN Gesundheitszentren Rhein-Neckar gGmbH, damals den Rauswurf. Zudem seien er und Mitarbeiter ohne Maske auf dem Klinikgelände unterwegs gewesen. Nach Medienberichten legte Schiffmann Widerspruch gegen die Kündigung ein. Ob das hilft, ist fraglich. "Wir haben gekündigt. Die Räumungsklage wird voraussichtlich nächste Woche zugestellt. Dann wird sich das weitere Prozedere zeigen", so Burger auf POlitoGO.de-Anfrage.

In der Sinsheimer Praxis, die ihrem Namen alle Ehre macht, könnten bald die Lichter ausgehen (Screenshot www.schwindelambulanz-sinsheim.de)
In der Sinsheimer Praxis, die ihrem Namen alle Ehre macht, könnten bald die Lichter ausgehen (Screenshot www.schwindelambulanz-sinsheim.de)  
Weiteres Unheil droht dem Coronaleugner-Arzt durch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. Schiffmann soll Personen Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht ausgestellt haben, ohne sie untersucht zu haben. Im vergangenen Oktober wurde in diesem Zusammenhang auch seine Schwindelambulanz durchsucht. Auf Anfrage bestätigt die Staatsanwaltschaft Heidelberg ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse. Bei einer Verurteilung droht Schiffmann bis zu zwei Jahren Knast oder eine saftige Geldstrafe. "Die Ermittlungen dauern derzeit noch an", sagt Erster Staatsanwalt Thomas Bischoff. Angesprochen auf POlitoGO-Recherchen zu Schiffmanns Exil ergänzt er: "Derzeit geht die Staatsanwaltschaft nicht davon aus, dass sich der Beschuldigte dem Verfahren entziehen will." Ein etwaiger Aufenthalt des Beschuldigten im Ausland habe daher bis auf Weiteres keine Konsequenzen für das Verfahren.

Wie lange Maskengegner Schiffmann sein Schweizer Exil noch genießen kann, ist unklar. Am vergangenen Dienstag (26. Januar) wurden in der Schule von Arosa
drei Coronavirus-Infektionen entdeckt. Weitere Untersuchungen bestätigten insgesamt 14 Fälle. Der Ausbruch veranlasste das Gesundheitsamt Graubündens neben Schul- und Kitaschließung einen Massen-PCR-Test durchzuführen. Einwohner wie Gäste wurden aufgerufen, sich am Freitag und heutigen Samstag testen zu lassen. Der Skibetrieb darf eingeschränkt weiterlaufen. Lediglich die Verbindungsbahn nach Lenzerheide ist außer Betrieb, um das Virus nicht über den Berg in die Nachbargemeinde zu tragen. Im gesamten Gemeindegebiet gilt daneben eine Maskenpflicht.

Sollte sich Schiffmann in seinem Exil wie zuvor schon in Sinsheim nicht an die Maskenpflicht halten, droht ihm ein Bußgeld von 5.000 Franken. Zuhause in der Kurpfalz kostet diese (im Sinne der Corona-Skeptiker) "Widerstandshandlung" im Regelfall gerade mal 70 Euro.

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Das Kulm in seiner ganzen Pracht (Screenshot wwwarosakulm.ch)
Das Kulm in seiner ganzen Pracht (Screenshot www.arosakulm.ch)

Das Luxus-Hotel des Stahlbarons

Seit September 2018 leiten Bardhyl und Maria Coli das Arosa Kulm Hotel, das über 119 Zimmer mit 207 Betten und 140 Mitarbeitern verfügt. Dem Direktionsehepaar gehören daneben die "Gubelhof Suites" und das "Kaffee Frech" im schweizerischen Zug.

Das Kulm wiederum wurde Ende 2006 von dem Hamburger Unternehmer, Manager und Lobbyisten Jürgen Großmann erworben. Der 68-Jährige zählt mit einem Vermögen von geschätzt über 1,3 Milliarden Euro zu den reichsten Deutschen. Den Grundstock dafür legte er 1993, als er den insolventen Stahlhersteller Georgsmarienhütte für den symbolischen Preis von zwei Mark kaufte. Großmann baute das Unternehmen in den Folgejahren zu einem weitverzweigten Konzern mit 32 Tochterfirmen aus. 2007 gab er die Geschäftsführung ab, blieb aber Eigentümer, und übernahm bis 2012 den Vorstandsvorsitz des Energiekonzerns RWE.

Wie andere Stahlfirmen schrieb auch Großmanns Georgsmarienhütte im Coronajahr 2020 tiefrote Zahlen. Bänder standen still, tausende Mitarbeiter wurden in Kurzarbeit geschickt. Nach Recherchen von "Business Insider" rief das Unternehmen ungeachtet des Reichtums seines Eigentümers um staatliche Hilfe in Höhe von 100 Millionen Euro. Der Stahlhersteller soll zusammen mit 13 weiteren Unternehmen auf einer geheimen Liste der Bundesregierung mit Firmen stehen, bei denen eine Staatsbeteiligung oder anderweitige finanzielle Stützung geprüft wird. Großmann selbst trat im Kontext mit der Pandemie öffentlich bislang nicht Erscheinung.

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Update 1.2.2021: Die Ergebnisse des PCR-Flächentests in Arosa sind inzwischen veröffentlicht. Sie sind in dem Beitrag "Das riskante Spiel der Susanne Eisenmann" eingearbeitet. Dabei wurden Corona-Infektionen mit der englischen Virusmutante nachgewiesen. In einer früheren Verlautbarung der Schweizer Behörden war von der südafrikanischen Mutante die Rede. Dies wurde in diesem Text korrigiert.



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Gundula
02 Feb 2021
Eine so miese Berichterstattung habe ich noch nicht gelesen. Da kommt der Neid aus den Ohren und aus allen Poren. Schämen Sie sich eigentlich nicht die Menschen aufzuhetzen. Wo haben Sie den ihr wissen über die "angeblichen, schwarzen" Konten, die die Herren führen. Die Herren haben ALLES offen gelegt. Ihr Artikel soll nur dazu dienen Menschen gegen diese Herren aufzuhetzen. Das ist heutiger Journalismus.. Pfui Teufel kann ich da nur sagen.. und hoffentlich setzt sich das Wahrheitsvirus weiter in Umlauf und befällt immer mehr Menschen.
Schmidt
02 Feb 2021
Gut recherchiert. Die Hinweise sind überdeutlich. Dass er in besagtem Hotel logiert, bestreiten nur noch jene, die ihm auf den Leim gehen und sein verlogenes Geschwurbel glauben. Schiffmann hat nachweislich mehrfach glatt gelogen. Dass er sich jetzt ins Ausland verzogen hat, darf man wohl mit Fug und Recht unter Feigheit verbuchen.
Neid und Hetze sind dem Bericht jedenfalls nicht zu entnehmen, auch wenn das tumbe Follower Schiffmanns vielleicht gerne so sehen wollen. Zu deutlich ist diesen Leuten auch anzumerken, wie sehr es sie ärgert, wenn über ihre Idole der Coronaleugnersekte kritisch berichtet wird. Denn jede berechtigte Kritik fällt auch aus sie zurück. Schiffmann und andere Geldsammler aus der Coronaleugnersekte könnten schließlich ohne das Geld ihrer kritiklosen Follower gar nicht derart agitieren.
Oliver
02 Feb 2021
Dann wartet erst mal ab bis man sich dort mit der Kraichgau Mutante- genannt Wahrheit angesteckt hat.
Leider entnehme ich ihrem Bericht nichts als bloße Vermutungen, eine ordentliche Portion Neid mit einer ordentlichen Portion Hetze.
Hätte Herrn Schiffmann den von ihnen publizierten Bericht veröffentlicht wären sie wahrscheinlich mit die ersten gewesen die ihm "Geschwurbel" unterstellt hätten.
Sollte ihr Bericht unerwartet doch der Wahrheit entsprechen gönne ich das Herrn Schiffmann von ganzem Herzen und wünsche ihm und seiner Familie auf diesem Wege weiterhin einen schönen Urlaub .
Ich bin bei weitem kein kein Arzt und hatte schon teurere Übernachtungen.
Es war eben schon immer etwas teurer einen guten Geschmack zu haben aber woher sollten sie das wissen als Verfasser eines Beitrags der an Geschmacklosigkeit kaum zu übertreffen ist.
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